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Die Schattenmaske

Ich tanzte im Licht der Scheinwerfer. Die Masse um mich herum gab mir das Gefühl von Freiheit…Freiheit zu sein, wie ich war, und meine Schattenmaske abzulegen. Ich konnte Ich sein. Langsam ließ ich mich von der Masse zur Bar tragen. Ich setzte mich und bestellte einen Cocktail. Ein Schluck und er war weg. Ich blickte mich um und sah IHN. Ein Mann mit blonden Haaren, einer weißen Jeans und einem Lächeln, welches mich zum Mitlachen zwang. Vergessen waren aller Stress und alle Probleme der Woche. Ich bahnte mir den Weg zu ihm. Mit jedem Schritt wurde ich nervöser. Plötzlich verschwand er…Er lief in Richtung des Raucherraums. Ich folgte ihm wie ein Schoßhund. Es war als hätte er mich verzaubert, mein Herz hüpfte auf und ab. Als meine Hand nun zitternd die Türklinke runterdrückte, konnte ich kaum noch klar denken.
Ich sah mich durch den Qualm um. Schließlich fand ich ihn an einem Tisch in der hintersten Ecke des Raums. Er saß dort mit zwei Typen, die ich nicht kannte. Sie redeten auf IHN ein. Ich setzte mich an den Tisch neben ihnen und zündete mir eine Zigarette an.
Ich blies den Rauch in seine Richtung, als dieser sich wieder verzog sah ich in seine Augen. Sie waren von einem tiefblau wie der Ozean… ich versank in ihnen. Doch plötzlich beugte sich einer der beiden anderen Typen vor und küsste IHN.
Mein Herz schmerzte als würde es jemand rausreißen…Es war grausam…ER und die Beiden verschwanden. Ich blieb allein zurück…völlig allein…

Ich wäre ihnen zu gerne nachgelaufen, doch meine Beine wurden wider meines Herzens zum erstarren gezwungen. Ich wusste nicht und konnte auch nicht verstehen, warum dieser Mann mein Herz so berührt…Ich kannte ihn schließlich nicht.
Frustiert trat ich an die kühle Stadtluft und atmete tief ein. Bald würde der Winter beginnnen. Ich lief nachdenklich zur U-Bahnstadion. Meine Gedanken kreisten um IHN.
Ich steckte meinen Schlüssel in das Türschloß und legte meine Gedanken in Ketten, setzte meine Schattenmaske auf.
„Daniel, mein Großer. Ein paar nette Mädels kennengelernt ?“, fragte mein Vater über den Lärm seiner Sportsendung hinweg. Ich setzte mich zum ihm und antwortete : „Nein…nichts los heute.“ Ich wusste, dass mein Vater niemals verstanden hätte, wenn ich ihm erzählt hätte, dass ich Neigungen für Männer hegte. 
„Rate mal wen ich heute im Supermarkt getroffen habe…“, mein Vater hatte den Fernseher leiser gedreht, doch er schaute immer noch gebannt auf die Sportergebnisse. „Keine Ahnung. Wen ?“, fragte ich gleichgültig. „Diese zwei Schwuchtel aus dem Haus da drüben. Sowas ist ja so eklig, wie man das nur so in der  Öffentlichkeit zeigen kann.  Ekelhaft.“ Jedes seiner Worte war für mich ein weiterer Stich ins Herz. Tränen stiegen mir langsam in die Augen. Ich schluckte sie runter und lachte gekünstelt über die respektlose Imitation eines Schwulen von meinem Vater. Danach versuchte ich so schnell wie möglich in mein Zimmer zu kommen. Ich blickte auf meine Eishockeyausrüstung und von dort weiter zu meinem Schreibtisch. Ich blickte mich in meinem gesamten Zimmer um und versuchte etwas zu finden, was darauf hindeuten könne, dass ich schwul sei. Nichts…war ich denn überhaupt schwul? Konnte ich überhaupt schwul sein? Durfte ich überhaupt schwul sein? Ich lag auf meinem Bett und wusste keine Antwort. Ich wollte nicht schwul sein….schließlich konnte ich das meiner Familie nicht antun…oder ?

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